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Thema: Berliner Zeitung 3.11.: "Jawohl, Kommandant!" (857-mal gelesen) Vorheriges Thema - Nächstes Thema
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Berliner Zeitung 3.11.: "Jawohl, Kommandant!"

Zitat
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/feuilleton/289689.html[/url]"][size=0px]Jawohl, Kommandant![/size]
Heute Abend spielt David Bowie in Berlin - in der Stadt, in der er seine besten Schallplatten aufnahm

Jens Balzer

Ende 1975 war auch David Bowie ziemlich am Ende. Die Originalität und der manische Output seiner Glamrock- und Ziggy-Stardust-Jahre waren nicht mehr zu halten; seine Versuche, sich als Philly-Soul-Sänger neu zu erfinden, wirkten eher matt; sein eskalierender Kokainkonsum schlug ihm so lange aufs Hirn, bis er sich eines Tages selber mit Hitlergruß durch die Londoner Victoria-Station marschieren sah und wohl auch subjektiv das Gefühl bekam, dass die Dinge nicht mehr richtig liefen.
Dann zog David Bowie nach Berlin, und in Berlin wurde alles gut. In Neukölln bezog er eine Altbauwohnung über einer türkischen Auto-Ersatzteile-Handlung. Statt zu koksen, legte er sich ins Bett und las Nietzsche; mit seinem Freund Iggy Pop, der nach Auflösung der Stooges auch nicht so recht wusste, was er mit seinem Leben anfangen sollte, durchstreifte er die wunderbaren, "von Deprimierten und Desillusionierten bevölkerten" Westberliner Bars und das überraschend vertraut wirkende Ostberlin ("sieht hier aus wie in Brooklyn").

Vor allem aber begab Bowie sich in Berlin unter die Obhut von Brian Eno. Der ehemalige Roxy-Music-Keyboarder, der sich inzwischen als Produzent und Labelchef selbstständig gemacht hatte, hatte ihm nicht nur den entscheidenden Ratschlag gegeben, wo er seine Wohnung anmieten sollte ("mach die Augen zu und tipp mit dem Finger auf den Stadtplan"); er versorgte ihn auch mit einem Arp Synthesizer und nährte so das Faible für jene düsteren elektronischen Sounds, die Bowie und Eno vom deutschen Krautrock der Siebzigerjahre (etwa von Kraftwerk) kannten.

Mit sachangemessen "deutschem" Gebrumm und Gedröhn nahmen Bowie, Eno und ihr Produzent Tony Visconti in den Hansa-Studios im Tiergarten zwischen 1977 und 1979 nicht nur drei der mutigsten und musikalisch bedeutsamsten Alben auf, die uns aus den Siebzigerjahren überliefert sind: "Low", "Heroes" und "Lodger". Es waren dies, seien wir ehrlich, auch die letzten David-Bowie-Alben, die überhaupt eine besondere Bedeutung besaßen. Danach - 1979 zog er aus Berlin in die Schweiz - kam nur noch die mittelgute "Scary Monsters"-LP und schließlich nach der Trennung von Visconti eine fast zwanzigjährige Phase des künstlerischen Verfalls und der Verwirrung, von den grausigen Nile-Rodgers-Produktionen der Achtzigerjahre ("Let s Dance") bis zu den müden Experimenten mit Techno und Drum n Bass in den Neunzigerjahren ("Earthling").

Der britische Pop-Illustrator und Comic-Zeichner John Bagnall, bekannt aus dem stilbildenden, leider viel zu früh eingestellten Londoner Escape-Magazin, hat Bowies Berliner Jahre schon vor einigen Jahren in einer schmucken kleinen Bildergeschichte für das Punkfanzine "Off the Road" illustriert; in seiner neuesten Anthologie "Don t Tread On My Rosaries" ist "Bowie s Berlin Diary" jetzt auch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich. Wie obige Ausschnitte andeuten, hat Bagnall sich bis in die Details um historische Genauigkeit bemüht: vom Neuköllner Straßenbild bis zu Bowies Berliner Trinkgewohnheiten (kein Bier, nur Schnaps - um der schlanken Linie nicht zu schaden); von dem possierlichen kleinen Hakenkreuz-Käppi, mit dem Iggy Pop sich den Eingeborenen ähnlich zu machen versuchte, bis zu Bowies Faszination mit der "Weimarer Dekadenz" und seinen vorübergehenden Malversuchen in der Tradition Egon Schieles. "Wenn Du ein richtiger Berliner werden willst", so Bowies Ratschlag an den frisch hinzugezogenen Iggy, "dann musst Du vor allem eines sein: düster."


John Bagnall: Don t Tread On My Rosaries. Kingly Books, London 2003. £ 9

Berliner Zeitung 3.11.: "Jawohl, Kommandant!"

Antwort #1
Ich wünsch allen die heute in Berlin sind ein
hoffentlich gut gelaunter und lang spielender Bowie. :D
Mein Tipp:
26 Songs

Was'n das für'n Scheiß?

Antwort #2
Was'n das für'n Scheiß?

Zitat
die Bowie und Eno vom deutschen Krautrock der Siebzigerjahre (etwa von Kraftwerk) kannten


Krautrock, lieber Autor, dazu zählten Bands wie "Neu" und "Can". Kraftwerk hatte mit Krautrock herzlich wenig zu tun!

Zitat
Eno und ihr Produzent Tony Visconti in den Hansa-Studios im Tiergarten zwischen 1977 und 1979 nicht nur drei der mutigsten und musikalisch bedeutsamsten Alben auf, die uns aus den Siebzigerjahren überliefert sind: "Low", "Heroes" und "Lodger".


Na ja, bei aller Heldenverehrung, aber ob "Heroes" und "Lodger" wirklich zu den "mutigsten und musikalisch bedeutsamsten Alben" gehören, die uns aus den Siebzigerjahren überliefert sind? Na ja, da gab's auch noch ein paar andere.

Zitat
Es waren dies, seien wir ehrlich, auch die letzten David-Bowie-Alben, die überhaupt eine besondere Bedeutung besaßen. Danach - 1979 zog er aus Berlin in die Schweiz - kam nur noch die mittelgute "Scary Monsters"-LP


Ne, is klar. "Scary Monsters" war total unbedeudend und schlecht. Hat ja auch überhaupt nicht die New Wave Bewegung mitangekurbelt oder gar vorweg genommem.

Zitat
von den grausigen Nile-Rodgers-Produktionen der Achtzigerjahre ("Let s Dance")


Lieber Autor, da gab'd definitiv schlimmeres in den 80ern!

Zitat
bis zu den müden Experimenten mit Techno und Drum n Bass in den Neunzigerjahren ("Earthling").


Ja, und "Earthling" war ja auch Bowies einzige Platte in den 90ern

Himmel, wenn ich solche Artikel lese, frage ich mich immer, ob sich der Journalist ernsthaft mit dem Künstler, über den er schreibt, auseinander gesetzt hat, oder unter erheblichem Zeitdruck gegen schlechte Bezahlung lediglich Versatzstücke aus früheren Artikeln genommen und neu zusammengewürfelt hat.

Na ja, da der Artikel nur aus 'ner Tageszeitung stammt, wird ganz sicher letzteres der Fall gewesen sein. So läuft das halt im Zeitungsgeschäft.

Re: Was'n das für'n Scheiß?

Antwort #3
Zitat

Krautrock, lieber Autor, dazu zählten Bands wie "Neu" und "Can". Kraftwerk hatte mit Krautrock herzlich wenig zu tun!

Nö. Kraftwerk ist wirklich das Synonym für Krautrock schlechthin.

Zitat

Ne, is klar. "Scary Monsters" war total unbedeudend und schlecht. Hat ja auch überhaupt nicht die New Wave Bewegung mitangekurbelt oder gar vorweg genommem.


Naja... das ist ungefähr genauso irreführend wie das Statement des Autors zur Bedeutung von  Low, Heroes, Lodger... Scary Monsters war für Bowie sicher eines der besten Alben, es war aber ganz sicher nicht derart richtungsweisend.

Re: Was'n das für'n Scheiß?

Antwort #4
Zitat
Zitat

Krautrock, lieber Autor, dazu zählten Bands wie "Neu" und "Can". Kraftwerk hatte mit Krautrock herzlich wenig zu tun!

Nö. Kraftwerk ist wirklich das Synonym für Krautrock schlechthin.


Hm, ich hab jetzt extra noch mal ein wenig recherchiert. Und ich muss zu meiner Schande gestehen, du hast Recht. Man lernt halt nie aus. Ich hatte bisher Kraftwerk immer eher mit Avantgarde und Elektro und absolut nicht mit Krautrock in Verbindung gebracht.

 
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