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Thema: Eine ehrliche Haut - Kritik vom Tagesspiegel (1138-mal gelesen) Vorheriges Thema - Nächstes Thema
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Eine ehrliche Haut - Kritik vom Tagesspiegel

8-)
Guten Morgen liebe Gemeinde,
zum Frühstück die Kritik des Tagesspiegels.
(Tscha, so bin ich - nicht in Berlin gewesen, das Konzert meines Lebens nicht gesehen, gestern am Klo geheult, aber egal...*schluck)
Here it comes:

Ehrliche Haut
Berlin ist etwas Besonderes für ihn: David Bowie begeistert in der Max-Schmeling-Halle

Von H.P. Daniels

Einmal, es war im Mai 1978, sang David Bowie in der Deutschlandhalle vor einer Wand von weißen Neonröhren. Kühl und cool. Als die Ordner vor der Bühne einen Fan ruppig anfassten, stoppte Bowie den Song, ließ sich den Misshandelten auf die Bühne bringen, reichte ihm die Hand und entschuldigte sich für die Ordner. Der kleine Mann auf der Bühne. Ganz groß. Die Gesten, die Songs, die Stimme. Berlin war schon immer etwas Besonderes für Bowie. Dass er immer noch eine Vorliebe für die Stadt hegt, spürt man auch noch 25 Jahre später. In der ausverkauften Max- Schmeling-Halle.

Heftiges Intro mit kreischender Mundharmonika, schön schmutziger Rhythm & Blues dargebracht von bunten Zeichentrickfiguren auf der Videowand, verwandeln sich in echte Figuren, immer noch auf der Leinwand. Bowie tutet in die Harmonika. Und die Musiker, die echten, schleichen als schwarze Schattenrisse über einen Steg. Brodeln im Auditorium. Verzückte Jubelschreie. Heftige Gitarrenakkorde. Staccato. Bowies Stimme, kräftig und schön: „Hey, hey, your hair is alright – hey baby, let's do it“ und das Schlagzeug setzt ein. „Rebel, Rebel.“

Bowie steht ganz vorne auf einem kleinen Steg im Mittelpunkt, betrachtet unter sich das brausende und wogende Publikum, das Meer von Köpfen und Armen. Blendend grelle weiße Strahler fingern in den Saal. Bowie lacht: „Hey, I can see you, you're looking fantastic!“ Ja, es muss großartig aussehen. Und doch sieht er selbst am besten aus. Mit der flotten Frisur eines Jugendlichen: hellblond und dunkel im Scheitel. Mit engen Jeans und Freakfrack, den er von sich wirft, um noch jünger zu wirken im ärmellosen T-Shirt. Er geht immer wieder auf die Knie, schlendert zur Bühnenseite, rennt zurück zum Mikro. Die dünnen Beine leicht auseinandergestellt, wippend, beide Hände um das Mikrofon gefaltet.

Das ist lässig. Während die Mitmusiker eher unauffällig in ihren eigenen Lichtkreisen verharren. Keyboarder, Gitarristen, Bassistin. Sie sind eine solide Begleitband. Kompetent, mehr nicht. „Fame“ klingt grobkörnig und metallisch. Das Pixies-Cover „Cactus“ wie ein stachelig dreckiges T.-Rex- Manifest. Gelegentlich spielt Bowie eine weiße Gitarre. Und einen falschen Anfang. Abbruch, charmantes Verbalgeplänkel und Neuanfang. Als später das Mikrofon versagt, macht das auch nichts, Bowie bleibt souverän, witzig, freundlich. Die kleinen Pannen machen den Auftritt sympathisch, der sonst möglicherweise in kühler Perfektion erstarren würde. Ist er nicht ohnehin der unschuldige kleine Junge mit dieser ahnungslosen, dem Schicksal ergebenen Stimme? Wenn er den Spaceboy gibt? Dann wieder hysterische Teenager-Angst. Mit 56.

Aber man glaubt ihm. Nimmt ihm jedes dieser Gefühle ab. Die Weichheit und die Panik. Die alten Songs, die neuen. Alben wie „Heathen“ und „Reality“ haben ihn plötzlich wieder für Menschen interessant gemacht, die nicht jede seiner chamäleongleichen Verwandlungen kennen. „This chaos is killing me!“, ruft er in Erinnerung an die theatralischen Verschwendungsorgien früherer Epochen: Höllenlärm und hektisches Weißlichtgeflacker.

Nach 70 Minuten lässt die Konzentration nach, zumindest hinten, auf den billigen Plätzen. Das Publikum fängt an, sich laut zu unterhalten, während Bowie leise wird und singt, eine Mischung aus Piano-Lounge-Jazz und Ambient Sounds. Dunkel verschattete Chansons. Das Programm beginnt leicht durchzuhängen. Kahle Bäume hängen kopfüber auf beiden Bühnenseiten. Wie überdimensionale Hexenbesen. „We still got a long way to go“, sagt er. Als müsste er eine Durchhalteparole ausgeben. Und die Fans wachen wieder auf. „All The Young Dudes“, wie er sie nennt, singen den Refrain, lassen die Arme wehen. Und es kommt tatsächlich noch eine Menge. „Heroes“, die Berlin-Hommage, beschränkt sich aufs Wesentliche. Sehr schön. Wenn auch ein junger Mann im Publikum findet, das sei jetzt aber zu „dähntzig“ gewesen. Was immer das heißen mag.

Bowie ist in Berlin, und es freut ihn. Nach zwei Stunden und zwei Dutzend Songs folgen noch neun Zugaben. Die vielleicht besten Stücke des Abends. Vier vom Ziggy Stardust-Album. „I'll be honest with you“, sagt David: Den nächsten Song hätten sie erst heute Nachmittag ausprobiert und dass er nicht wisse, ob sie den jetzt richtig hinkriegen: „Five Years“. Und wie sie ihn hinkriegen. Und „Hang On To Yourself“ mit dem schönen Eddie-Cochran-Riff. Ein furioses „Sufragette City“. Und schließlich „Ziggy“ selbst: „When the kids have killed the man they had to break up the band!“ Eine Hymne an die Unsterblichkeit, an den Schock des Verschwindens, den Rock’n’Roll-Tod.

Etwas schmerzlich vermisst man Bowies alte Band, die furiosen Spiders From Mars, den grandiosen Gitarristen Mick Ronson, der all diese knalligen Riffs erfunden hatte und der leider vor einigen Jahren an Krebs gestorben ist. Vielleicht hätte Bowie gerne noch mal drei Stunden gespielt.

Gruß
Donizetti
 :-D

Re: Eine ehrliche Haut - Kritik vom Tagesspiegel

Antwort #1
Zitat
Keyboarder, Gitarristen, Bassistin. Sie sind eine solide Begleitband. Kompetent, mehr nicht


Wer hat dem denn ins Hirn geschissen?

Zitat
Etwas schmerzlich vermisst man Bowies alte Band, die furiosen Spiders From Mars, den grandiosen Gitarristen Mick Ronson, der all diese knalligen Riffs erfunden hatte und der leider vor einigen Jahren an Krebs gestorben ist. Vielleicht hätte Bowie gerne noch mal drei Stunden gespielt.


Hä??? Seit wieviel hundert Jahren war der Autor dieses Artikels denn nicht mehr in 'nem Bowie Konzert??? Mit der "aktuellen" Band ist Bowie doch inzwischen auch schon an die zehn Jahre unterwegs. Jedenfalls zum Teil. Earls Slick ist ja sogar schon seit Ende der 70er dabei. Und Mike Garson noch länger. Die Liaison mit den Spiders hat im Gegensatz dazu ja gerade mal vier oder fünf Jahre gedauert.

Journalisten! Ham echt alle keine Ahnung!
;o)

Eine ehrliche Haut - Kritik vom Tagesspiegel

Antwort #2
ansonsten doch aber eine rührend schmeichelden Kritik...
(da hatten wir schon Anderes...)
danke  Donizetti  :)

Eine ehrliche Haut - Kritik vom Tagesspiegel

Antwort #3
Zitat
ansonsten doch aber eine rührend schmeichelden Kritik...
(da hatten wir schon Anderes...)
danke  Donizetti  :)


Klar, das stimmt natürlich, aber was wäre das Leben, wenn man nichts zu meckern hätte! ;o)

Eine ehrliche Haut - Kritik vom Tagesspiegel

Antwort #4
Earl Slick ist neu in dieser Liveband, zum ersten Mal seit Diamond Dogs Zeiten...

Eine ehrliche Haut - Kritik vom Tagesspiegel

Antwort #5
Ah geh,der spielt doch schon seit letztem jahr mit.warst wohl auf keinem konzert der Heathen Mini Tour was?

jemen

kenner

Eine ehrliche Haut - Kritik vom Tagesspiegel

Antwort #6
Wie sah der Kerl aus, den Bowie auf die Bühne holte????????? Der von den Ordnern "misshandelte"?????

Was war da los?????

 :eek:

Eine ehrliche Haut - Kritik vom Tagesspiegel

Antwort #7
Zitat
Ah geh,der spielt doch schon seit letztem jahr mit.warst wohl auf keinem konzert der Heathen Mini Tour was?

lol... okay sagen wir 'relativ' neu - im Gegensatz zu 'seit Ende der Siebziger'...

Re: Eine ehrliche Haut - Kritik vom Tagesspiegel

Antwort #8
Zitat
Zitat
Keyboarder, Gitarristen, Bassistin. Sie sind eine solide Begleitband. Kompetent, mehr nicht


Wer hat dem denn ins Hirn geschissen?

Zitat
Etwas schmerzlich vermisst man Bowies alte Band, die furiosen Spiders From Mars, den grandiosen Gitarristen Mick Ronson, der all diese knalligen Riffs erfunden hatte und der leider vor einigen Jahren an Krebs gestorben ist. Vielleicht hätte Bowie gerne noch mal drei Stunden gespielt.


Hä??? Seit wieviel hundert Jahren war der Autor dieses Artikels denn nicht mehr in 'nem Bowie Konzert??? Mit der "aktuellen" Band ist Bowie doch inzwischen auch schon an die zehn Jahre unterwegs. Jedenfalls zum Teil. Earls Slick ist ja sogar schon seit Ende der 70er dabei. Und Mike Garson noch länger. Die Liaison mit den Spiders hat im Gegensatz dazu ja gerade mal vier oder fünf Jahre gedauert.

Journalisten! Ham echt alle keine Ahnung!
;o)

Nanana, jedem seine Meinung, wir wollen hier doch nicht ausfallend werden :-D
Ich persönlich finde die Band ziemlich klasse und glaube, dass man die gar nicht mit den Spiders vergleichen kann... War doch eine total andere Zeit und vollkommen verschiedene Musiker, womit ich jetzt keine Wertung abgeben möchte, wer besser ist (Äpfel oder Birnen). Ronno war schon eine Klasse für sich, aber wenn Cat in ihrer Ecke Klangwelten hervorbringt, die nie ein Mensch zuvor gehört hat, Gail Ann Dorsey auf ihrem Bass "rumtobt" und ihren Boss in "Under Pressure" an die Wand singt, Earl Slick seinem Instrument gar unglaubliche Töne entlockt und seine Finger "fliegen", Gerry bei "Loving the Alien" zaubert, Sterling die Sticks bei "Hallo Spaceboy" mit Lichtgeschwindigkeit herumwirbelt und Mike Garson in die Tasten haut (oder selbige umschmeichelt, je nach Bedarf), dann kann man von der Gegenwart genauso begeistert sein wie von der Vergangenheit.. Ich mag beides!

 
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